Zum Inhalt springen

ERU Canis Gemeinschaft e.V.

Bildschirmfoto 2024-03-25 um 22.04.32

Verpaarungsberechnung – eine Wissenschaft für sich

Ein Erfahrungsbericht von Bernd Neumann

Mein Name ist Bernd Neumann und ich bin seit Februar 2022 Mitglied bei der ERU Canis Gemeinschaft e.V.. Ich bin Zuchtrüdenbesitzer und es gibt bereits Nachkommen meines Zuchtrüden.

Am 30.07.2023 konnte ich an einem Workshop zum Thema CHIPS (Chebo-Informations-Programm-System) teilnehmen. Der 30.07.2023 ist zwar schon eine ganze Weile her, aber ich habe mir nun die Zeit genommen, um meine Eindrücke und Erfahrungen hier niederzuschreiben. Gerade vor dem Hintergrund der Diskussion zum Thema Deckgenehmigungen bei unserer Mitgliederversammlung (Mai 2023), ist es aus meiner Sicht sehr hilfreich gewesen, etwas mehr darüber zu erfahren, was bei einer Deckgenehmigung alles beachtet wird.

Vor diesem Workshop dachte ich, dass es bei der Genehmigung der Verpaarungen hauptsächlich um die Berechnung der optimalen Verpaarung mit Hilfe des CHIPS geht. Nun weiß ich, dass es um viel mehr geht. Eine Berechnung ist zwar auch Bestandteil der Zuchtplanung, diese ist aber nur ein kleiner Teil der Entscheidungsfindung. Der weitaus größere und viel anspruchsvollere Teil findet nach der Berechnung statt. Nun folgt für die berechneten Verpaarungen die Beurteilung und Abwägung aller zur Verfügung stehenden Daten und Sachverhalte, um das optimal Mögliche kombinieren zu können und so das Zuchtziel zu erreichen. Die Zuchtplanung soll sicherstellen, dass die Hunde optimal zueinander passen und gesundheitliche Risiken weitestgehend vermieden werden. Hierfür werden nicht nur alle zur Verfügung stehenden Informationen über die Hunde beurteilt, sondern auch viele, teils sehr medizinische, Details mit in die Entscheidungsfindung einbezogen.

An diesem Tag habe ich so viel Neues gehört, dass mir natürlich nur einige Dinge im Gedächtnis geblieben sind und nicht alle Details. Damit aber mein Eindruck nachvollziehbar ist, möchte ich hier nur ein paar Beispiele nennen, welche mir in Erinnerung geblieben sind. Sie sind unvollständig, aber zeigen hoffentlich, wie komplex das Thema ist.

Gendefekte:
Im CHIPS zeigt der Stammbaum zur geplanten Verpaarung alle bekannten Gendefekte zu den Eltern und den Vorfahren. Hier wird danach unterschieden, wer vermutlich oder gesichert Anlagenträger eines defekten Gens ist und wer Merkmalsträger ist. Dieses wird dann bei der Entscheidungsfindung vom Team Zucht mit berücksichtigt.

Ahnenverlust-Koeffizient (AVK) und Inzucht-Koeffizient (IK):
Der AVK sollte idealerweise 100%, mindestens aber größer als 85% sein und der IK sollte idealerweise 0, mindestens aber unter 4 sein. Beide Werte werden für die Verpaarungsvorschläge im CHIPS berechnet.

Größe der Hunde:
Bei großen Unterschieden der Größe der Hündin und des Rüden ist zu berücksichtigen, ob es trotzdem bereits zu erfolgreichen Deckakten gekommen ist. Ob sich die Hündin zum Beispiel von einem deutlich größeren Rüden hat decken lassen.

Anzahl der Deckackte der Rüden:
Hier gilt es, ein ausgewogenes Verhältnis zu erreichen, um den Genpool möglichst groß zu halten.

Augen:
Die letzte Augenuntersuchung darf nicht zu alt sein. Wie sind die Gene zum Thema Augenerkrankungen im Stammbaum ausgeprägt? Es gibt keine Berechnung, sondern der Stammbaum muss genau angeschaut werden.

Ahnentafel:
Die Ahnentafel ist im CHIPS eingepflegt und ermöglicht so den Blick auf die Vorkommnisse möglicher Risiken bei den Vorfahren.

Lumbosakraler Übergangswirbel (LÜW):
Hier ist die Datenlage noch nicht so groß und es gibt noch keine gesicherten Erkenntnisse. Es gibt zur Zeit noch keine zuchtausschließenden Merkmale. Die Wahrscheinlichkeit, dass der LÜW Probleme macht, ist sehr gering. Das Thema wird weiter vom Team Zucht beobachtet und es kann, wenn notwendig, schnell bei der Zuchtplanung berücksichtigt werden. [Anmerkung d.R.: Zwei befundete Tiere werden nicht miteinander verpaart. Details zum Forschungsstand und zum Umgang in der Chebo-Zucht wurden auf Vorträgen bei den Vereinstreffen transparent dargestellt und erläutert.]

Ich bin sehr überrascht, wieviel Detailwissen nötig ist, um die optimale Verpaarung bestimmen zu können. Und es gibt eine Reihe von Themen, welche nicht berechnet oder mit ja/nein beantwortet werden können, sondern wo die Wahrscheinlichkeit betrachtet werden muss, ob etwas gegen eine Verpaarung spricht oder im Einzelfall, unter Berücksichtigung aller Daten, genehmigt werden kann. Für alle, die noch keine Deckgenehmigung kennen, ist hier eine leere Version abgebildet.

Deckgenehmigung (Muster)